Am 13. Mai diskutierte die GRÜNE Bürgerschaftsfraktion gemeinsam mit Expert*innen und Bürger*innen den Stand der Inklusion in Lübeck. Dabei wurde noch einmal deutlich, wie viel in Sachen Teilhabe und Partizipation noch zu tun ist.
Daniela Schindler, stv. Mitglied im Sozialausschuss:
„Wir haben uns sehr über diesen offenen und informativen Austausch gefreut. Für uns als Fraktion sind solche Veranstaltungen wichtig, um mit den Bürger*innen und unmittelbar Betroffenen in den direkten Austausch zu kommen und Bedenken und Kritik mit den geladenen Expert*innen zu diskutieren.
Es gibt über 100 Gehörlose in Lübeck und Umgebung, denen an unterschiedlichsten Stellen die Teilhabe verwehrt bleibt. So ist z.B. die Homepage der Hansestadt Lübeck nicht für sie nutzbar und der Zugang zu Informationen generell schwierig.
Auch Aktivitäten wie beispielsweise Museumsbesuche und die Teilnahme an Kursen und Stadtführungen sind aufgrund der hohen Dolmetscher*innenkosten kaum möglich. Diese müssen Gehörlose oft selbst tragen. In Kiel hingegen finden immer wieder Veranstaltungen wie Konzerte und politische Versammlungen mit Gebärdensprachdolmetscher*innen statt. Der Wunsch, auch in Lübeck umfassender teilhaben zu können, ist groß.”
Heiner Popken, stv. Mitglied im Sozialausschuss:
„Menschen mit Behinderungen können nach wie vor nicht uneingeschränkt an zentralen Bereichen des öffentlichen Lebens in Lübeck teilnehmen. Auch wenn in Lübeck in den vergangenen Jahren in Sachen Inklusion einiges passiert ist, bleibt dieser großen gesellschaftlichen Gruppe noch immer der Zugang zu öffentlichen Gütern wie Bildung, Arbeit und der öffentlichen Infrastruktur erheblich erschwert.
Es herrscht ein Mangel an barrierefreien und rollstuhlgerechten Wohnungen, wobei der Bau geeigneter Wohnungen in erster Linie an den hohen Baukosten scheitert.
Die Vermittlungsquote schwerbehinderter Menschen auf dem ersten Arbeitsmarkt ist nach wie vor im Promillebereich und bedarf deutlicher Nachbesserung. Auch die Ausgleichsabgabe für private und öffentliche Arbeitgeber*innen mit mindestens 20 Arbeitsplätzen ist viel zu gering. Unternehmen nehmen es eher in Kauf diese zu zahlen, als dass sie einen Menschen mit einer Schwerbehinderung einstellen.”
Helmut Müller-Lornsen, Bürgerschaftsmitglied und Sozialpolitischer Sprecher:
„Aus dieser Sitzung haben wir einiges für unsere Arbeit in den Ausschüssen und in der Bürgerschaft mitgenommen und sehen uns gleichzeitig durch das Gehörte in unserem sozialpolitischen Kurs bestätigt. Die UN- Behindertenrechtskonvention muss endlich umgesetzt werden. Wir müssen alles daran setzen, alltägliche Barrieren abzubauen und dafür Sorge tragen, dass alle Menschen dieser Stadt einen barrierefreien Zugang zu Informationen und zur öffentlichen Infrastruktur haben. Selbstbestimmte Teilhabe ist in diesem Kontext die Richtung, in die es gehen muss.
Lübeck als Kommune hat den Auftrag, Maßnahmen zur Verbesserung der Inklusion umzusetzen, darunter die Erstellung und Umsetzung eines Aktionsplans und die Durchführung eines systematischen Dialogs. Dieser Aktionsplan liegt in der Form eines Teilhabeplans bereits vor. Nun muss dieser aber auch fortgeschrieben und vor allen Dingen zeitnah umgesetzt werden. In der Hansestadt Lübeck muss diese Angelegenheit zur Chefsache gemacht werden. Dieses wichtige Thema darf nicht derart nachlässig behandelt werden.
Andere Städte sind uns da voraus: Kiel zeigt vorbildliches Engagement im Umgang mit gehörlosen Menschen. So werden zum Beispiel im Rahmen der Kieler Woche ausgewählte kulturelle und musikalische Veranstaltungen in Gebärdensprache übersetzt. Für Lübeck könnte ein erster Anfang darin bestehen, die Toiletten im Rathaus barrierefrei zu gestalten. Zurzeit müssen rollstuhlfahrende Menschen immer noch klingeln, wenn sie zur Toilette wollen. Hier werden wir ansetzen und entsprechende Anträge formulieren.
Inklusion soll von Menschen (mit)bestimmt werden, die unmittelbar betroffen sind. Hierfür haben wir in Lübeck bereits den Beirat für Menschen mit Behinderungen. Diese Institution möchten wir in Zukunft weiter stärken und die Zusammenarbeit mit den politischen Gremien fördern. Zudem muss die Stadt mit gezielten Kampagnen zu einer Sensibilisierung der Öffentlichkeit in Sachen Inklusion beitragen. Wir wünschen uns bei diesem Thema ähnliche Marketing Power wie sie die Stadt bei anderen Themen einsetzt.
Wir werden sicherlich noch weitere Veranstaltungen zu diesem wichtigen Thema organisieren und freuen uns immer über weitere Impulse von Lübecker Bürger*innen sowie einen breiten und konstruktiven interfraktionellen Austausch zu diesem Thema.”